Millionen Amerikaner über Nacht an Bluthochdruck erkrankt

Nach einer Herabsetzung der Grenzwerte für Bluthochdruck seitens der US-Kardiologenvereinigungen American Heart Association und American College of Cardiology Guidelines im vergangenen Jahr sind Millionen Amerikaner gleichsam über Nacht an Bluthochdruck erkrankt. Weltweit hat die Neujustierung der -Leitlinien durch die Amerikaner nun hitzige Debatten über Sach- und Stichhaltigkeit dieser Reform ausgelöst.

Der neue Grenzwert wurde von den amerikanischen Kardiologen auf 130/80 mmHg festgelegt. Dies sei gerechtfertigt, da bereits systolische Werte von 130 bis 139 mmHg kardiovaskuläre, auch Krankheiten des -Kreislauf Systems genannt, Komplikationen nach sich ziehen würden. zieht da bisher nicht mit. Nach wie vor geben die Deutsche Hochdruckliga sowie die Deutsche für Hypertonie und Prävention Grenzwerte von 140/90 mmHg für Bluthochdruck an. Wer im Rahmen einer Praxismessung dauerhaft diesen Wert erreicht beziehungsweise diesen gar überschreitet, gilt demnach als Bluthochdruck erkrankt. Für die Selbstmessung werden Werte von 135/85 mmHg angegeben. Normal ist ein Blutdruck von 120/80 mmHg. Fakt ist, dass Bluthochdruck eine Zivilisationskrankheit ist, die immer mehr Menschen betrifft – in Deutschland schätzungsweise 20 bis 30 Millionen Menschen, von denen nur rund die Hälfte überhaupt von ihrer Erkrankung weiß. Eine regelmäßige, selbstständige Blutdruckmessung ist daher zu empfehlen. Dabei sollte jedoch unbedingt ein hochwertiges Blutdruckmessgerät verwendet werden.

Kritik an der neuen US-Bluthochdruck-Definition

Logischerweise hat die Kritik an der neuen US-Bluthochdruck-Definition nicht lange auf sich warten lassen. Schließlich sind dadurch auf einen Schlag bis zu 44 Millionen US-Bürger zu potenziellen Bluthochdruckpatienten deklariert worden. So kritisiert auch der deutsche Kardi-ologe Prof. Roland Schmieder laut der Ärzte Zeitung, dass eine solche Neubestimmung der Grenzwerte die Lebensqualität der davon Betroffenen beeinträchtigen könne.
An der Neudefinition der US-Forscher wird abermals deutlich, dass nicht bloß biologische, sondern auch sozio-politische Tatsachen sind. So wird nun auch in Deutschland und Europa rege darüber diskutiert, ob eine ähnliche Nachjustierung der Grenzwerte nicht auch hier sinnvoll sei. Zumindest, so die Ärzte Zeitung, soll eine überarbeitete Fassung der europäischen und deutschen Hypertonie-Leitlinien in diesem Jahr auf der ESH- und dem ESC-Kongress vorgestellt werden – man darf gespannt sein.

Folgen der Neudefinition der Leitlinien für Bluthochdruck für Betroffene

Als wissenschaftlich erwiesen gilt immerhin, dass das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankun-gen bereits ab einem Blutdruck von 115/75 mmHg exponentiell ansteigt. Allerdings ist eine Medikation bei Werten bis zu 140/90 mmHg nur dann empfehlenswert, wenn bereits , oder Nierenschäden vorliegen. Ansonsten werden Lebens-stiländerungen, wie etwa gesündere und mehr Bewegung, bereits als ausreichend angesehen, um dem erhöhten Blutdruck entgegenzuwirken. Dann stellt sich aber die Frage, warum die neuen Leitlinien überhaupt erlassen wurden, wenn sie doch an der Medikation des Großteils der Patienten nichts ändern. Hier wird meistens damit argumentiert, dass es eher darum ginge, die Menschen frühzeitig zu einer änderung zu bewegen; die Neudefi-nition der Grenzwerte sei somit als Warnsignal zu verstehen.

Kritiker halten dem dagegen vor, dass es viel eher darum gehen würde, Anlässe für Therapien zu schaffen, was wiederum vielen, im Kern gesunden Menschen schaden würde – nicht zuletzt allein schon durch die Stigmatisierung »krank« zu sein. Beispielsweise dürften mittlerweile nur noch sehr wenige US-Bürger über 75 Jahren überhaupt noch als gesund gelten.
Schließlich wird auch die Evidenz der Befunde, die zu der Neujustierung der Hypertonie-Werte geführt haben, angezweifelt. Zu fragen ist auch, ob eine pauschale Grenzwertsetzung für alle überhaupt sinnvoll ist. So besteht beispielsweise Unklarheit darüber, ob eine -drucksenkung für Diabetiker von Nutzen ist.

Bild: @ depositphotos.com / photography33

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Gaby Klein

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