Stimmungsschwankungen, impulsives Verhalten, anhaltende Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen, Selbstverletzung – all dies sind mögliche Symptome der Borderline–Persönlichkeitsstörung (BPS). Menschen, die unter der Borderline-Persönlichkeitsstörung, kurz BPS genannt, leiden, stoßen oft auf Unverständnis bei Angehörigen und Freunden. Bei BPS handelt es sich um eine komplexe Persönlichkeitsstörung, die nicht leicht zu verstehen ist.
Woher die Bezeichnung Borderline kommt, ist bis heute ein Punkt unter Wissenschaftlern, über den sie sich nicht einig sind im Hinblick auf Einordnung, Definition und Klassifizierung der Störung. Es wurde früher davon ausgegangen, dass das Syndrom auf der Grenzlinie zwischen Neurose und Psychose anzusiedeln sei. Die englische Bezeichnung für Grenzlinie ist Borderline, daher die Namensgebung. Heute zählt Borderline zu den Persönlichkeitsstörungen. Die genauere Definition ist emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ.
Borderline Symptome
Die ersten Symptome können schon in der Jugend oder dem jungen Erwachsenenalter auftreten. Dazu gehören Stimmungsschwankungen, Impulsivität und selbstverletzendes Verhalten. Die Borderline-Störung oder auch Borderline-Syndrom zeigt die unterschiedlichsten Formen. Es gibt keinen typischen Borderline-Patienten. BPS liegt bei ein bis fünf Prozent aller Menschen vor, allerdings nach Schätzungen. Frauen leiden wohl etwas häufiger an der Störung als Männer. Von den Experten wird vermutet, dass sich Frauen vielleicht nur häufiger in Behandlung begeben. Borderline-Patienten haben kaum Kontrolle über ihre Gefühle. Sie haben mit extremen Stimmungsschwankungen zu kämpfen, mit Störungen des Selbsterlebens sowie Zuständen von Leere und Spannungen. Borderline-Betroffene können oftmals mit ihren Emotionen und Impulsen nicht umgehen. Sie haben ein Problem mit der Regulierung Ihres Selbstwertgefühls.
Behandlung von Borderline
Es gibt erfolgversprechende Therapien bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Besonders hilfreich hat sich in Studien neben bestimmten Formen der Verhaltenstherapie auch die Übertragungsfokussierte Psychotherapie erwiesen. Oftmals können kleine Hilfsprogramme beim Abbau oder der Regulierung der inneren Spannung helfen, beispielsweise intensives Lauftraining. Bei einer bestimmten Form der Verhaltenstherapie lernen Borderline-Patienten Ihre Gefühle mit kleinen Tricks, Skills genannt, in normale Bahnen zu lenken. Dadurch lassen sich Situationen vermeiden, bei denen die Emotionen außer Kontrolle geraten. Unter Anleitung wird Gegensteuern geübt, sobald die innere Anspannung wächst. Während dem einen hilft, bewusst bis zehn zu zählen, kann dem anderen helfen, eiskaltes Wasser über die Unterarme laufen zu lassen. Einem dritten hilft ein intensiver Sprint. Es gibt viele Möglichkeiten, aus denen der Betroffene, die für sich am besten passende finden muss. So einfach und simpel die Behandlungsstrategie auf den ersten Blick scheinen mag, hat sie sich doch bewährt. Durch Skills lernen Patienten früher auf negative Emotionen zu achten, sie zu regulieren und auf unschädliche Wege abzuwenden. Es gibt viele andere Therapiemöglichkeiten, die genau auf den Patienten abgestimmt die besten Therapieergebnisse liefern können.
Gefühle außer Kontrolle
Sich hin und wieder zu ärgern kennt jeder Mensch. Auch mal traurig sein oder einfach einen schlechten Tag haben. Dieser Alltagsfrust wird im Allgemeinen ohne größere Probleme bewältigt. Die negativen Gefühle gehen nach einiger Zeit wieder weg und bewegen sich vorher im erträglichen Rahmen. Bei Menschen mit Borderline-Störung wird das emotionale Gleichgewicht aus der Bahn geworfen. Sie haben Schwierigkeiten Emotionen zu spüren und einzuordnen. Ärger oder Trauer bemerken sie nicht, was zu einer inneren Anspannung führt. Minimale Anlässe bringen die Gefühlslage zum Kippen. Von einer Sekunde zur nächsten werden Betroffene plötzlich von überwältigender Wut, Angst bis zur Panikattacke oder völliger Verzweiflung wie vom Blitz getroffen. Rasch wechselnde Empfindungen und Impulse können sie nicht kontrollieren und haben extreme Stimmungsschwankungen.
Es kann durch die angestaute innere Spannung zu einer augenblicklichen Entladung ohne Rücksicht auf die Folgen kommen. Das können heftige Wutanfälle oder Aggressionen sein, wegen eines scheinbar harmlosen Anlasses. Ein falsches Wort oder ein verschüttetes Glas können einen Gefühlsausbruch hervorrufen. Die Umgebung reagiert oft irritiert und verwundert über dieses impulsive Verhalten. Menschen mit Borderline-Störung werden oft als aggressiv, launisch oder unberechenbar bezeichnet. Wann ist es wirklich ein Borderline-Syndrom und wann ist es einfach nur eine exzentrische, aufbrausende Persönlichkeit? Laut Experten ist der Leidensdruck der Unterschied. Bei Exzentrikern hängen die auffälligen Verhaltensweisen oftmals mit Lustgewinn zusammen, was bei Menschen mit Borderline-Syndrom überhaupt nicht der Fall ist.
Kampf dem eigenen Ich
Menschen mit Borderline-Syndrom leiden oftmals so sehr unter der Störung, dass sie auf drastische Mittel zurückgreifen, um die unerträgliche innere Spannung loszuwerden. Es folgen verschiedene Selbstverletzungen. Immer wieder wird mit einem Messer oder einer Rasierklinge in den Unterarm geschnitten oder geritzt. Andere Formen sind sich selbst zu schlagen oder brennende Zigaretten auf der Haut auszudrücken. Manche schädigen sich durch Drogen oder Alkohol, viel zu schnelles Fahren oder gefährliche Sportarten. Bei vielen kommen weitere psychische Störungen dazu. Das können Depressionen, Suchterkrankungen, Essstörungen oder ADHS sein.
Die Selbstverletzung wird als „Notlösung“ vom Organismus angesehen. Es ist ein Versuch, Kontrolle über das quälende Gefühlschaos zu bekommen, um sich selbst wieder spüren zu können. In manchen Fällen ist die Selbstverletzung ein versteckter Hilferuf, der sich an Familie und Freunde richtet. Einige Menschen mit Borderline-Störung denken an Suizid, da sie ihr Leben als unerträglich empfinden. Von den Betroffenen sterben mehr als fünf Prozent ohne rechtzeitige Therapie, indem sie sich das Leben nehmen.
Ursachenforschung
Wichtige Auslöser für eine Borderline-Störung sind eine gewisse Veranlagung und ebenso traumatische Erlebnisse in der frühen Kindheit. Sehr viele Betroffene haben schwer Traumata durch Misshandlung oder Missbrauch, Vernachlässigung oder emotionale Kälte erlebt. Die Eltern waren dabei in manchen Fällen Beschützer und Täter gleichzeitig, die auf der einen Seite geliebt, auf der anderen Seite gefürchtet oder gehasst waren. Die kindliche Psyche kann durch solche stark widersprüchlichen Gefühle einer engen Bezugsperson gegenüber überfordert werden. Das kann zu einer Begünstigung von Borderline-Störungen führen. Von Experten wird betont, dass es in allen Familien mit normalem Leben einen Borderline-Patienten geben kann. Von Forschern wird untersucht, inwieweit sich hirnorganische Veränderungen fördernd auf eine Borderline-Persönlichkeitsstörung auswirken. Es gibt viele Hinweise darauf. Die Mechanismen der Emotionskontrolle scheinen beispielsweise bei Borderline im Gehirn schwächer ausgeprägt, als es eigentlich üblich ist.
Diagnosestellung
Ausführliche, strukturierte Gespräche mit dem Betroffenen sind für die Diagnose Borderline-Störung wegweisend. Der Hausarzt ist oftmals der erste Ansprechpartner. Hat er den Verdacht, dass eine Borderline-Störung vorliegen könnte, wird er eine Überweisung zum Spezialisten wie einem Psychotherapeuten oder einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ausstellen. Einen einzelnen Test, der die Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung bestätigen könnte, liegt nicht vor. Es braucht ausführliche, strukturierte Gespräche durch einen erfahrenen Diagnostiker mit dem Betroffenen und unter Umständen mit den Angehörigen, um die Diagnose sicher stellen zu können.
Die Symptome der Störung sind ein wegweisender Punkt. Um andere psychische Krankheiten auszuschließen, wie beispielsweise Depressionen oder Schizophrenie können zudem diverse psychologische Verfahren zum Einsatz kommen. Bei der Borderline-Störung gibt es ein wesentliches Merkmal. Die Betroffenen werden von ihren Problemen oft dauerhaft, über viele Jahre, begleitet und in den verschiedensten Lebensbereichen eingeschränkt. Es kommt immer wieder zu Konflikten oder Problemen in der Arbeit, in Beziehungen oder der Freizeitgestaltung, so dass der normale Alltag teilweise nur sehr schwer und oft gar nicht aufrechterhalten werden kann.
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